Beschreibung
Die Kandeler Zuckerzwetschge ist eine alte süddeutsche Zwetschgensorte, die aus der Gegend um Kandel in der Pfalz stammt und dort schon im 19. Jahrhundert angebaut wurde. Sie gilt als typische Hausgartensorte, die sich über Generationen hinweg bewährt hat – bekannt für ihre ausgeprägte Süße, ihren würzigen Geschmack und ihre gute Eignung zur Verarbeitung. Ihr Name ist Programm: Der Zuckergehalt dieser Früchte ist überdurchschnittlich hoch, was sie besonders für Kuchen und Mus prädestiniert.
Herkunft und Geschichte
Die Sorte wurde vermutlich als Zufallssämling entdeckt und verbreitete sich rasch in den südwestdeutschen Obstbaugebieten. Kandel, nahe der französischen Grenze, war damals ein Zentrum des Obsthandels, wodurch die Sorte bald in der gesamten Oberrheinregion bekannt wurde. Bis heute findet man sie in alten Bauerngärten, oft als groß gewachsene, knorrige Bäume mit reicher Spätsommerernte.
Wuchs und Erscheinungsbild
Die Kandeler Zuckerzwetschge wächst mittelstark bis stark und bildet eine rundlich-aufrechte Krone. Alte Bäume zeigen eine charakteristische, leicht überhängende Aststruktur, die bei Vollertrag von den schweren Fruchttrieben gezeichnet ist. Sie trägt früh und regelmäßig, wenn auch in manchen Jahren mit leichter Alternanz – ein typisches Verhalten älterer Sorten. Das Holz ist frosthart und langlebig, wodurch sich die Sorte auch für robustere Lagen eignet.
Blüte und Befruchtung
Die Blüte erscheint mittelfrüh und ist in der Regel spätfrostgefährdet, übersteht jedoch kurze Kälteeinbrüche erstaunlich gut. Die Sorte ist selbstfruchtbar, zeigt aber eine deutliche Ertragssteigerung bei Nachbarschaft anderer Zwetschgensorten wie ‘Hauszwetschge’, ‘Cacaks Schöne’ oder ‘The Czar’. Bienen und Wildinsekten besuchen die weißen, duftenden Blüten zahlreich – ein schönes Frühlingsbild im Garten.
Früchte und Geschmack
Die Früchte sind mittelgroß bis groß, oval und oft leicht bauchig, mit einer dunkelblauen bis violettblauen Schale, die von einer dichten, matten Bereifung überzogen ist. Das Fruchtfleisch ist goldgelb bis bernsteinfarben, sehr fest, stark zuckerhaltig und löst sich hervorragend vom Stein.
Der Geschmack ist unverkennbar: intensiv süß, aromatisch, mit nur leichter Säure – ein typischer “Kuchen- und Musgeschmack”, wie man ihn von alten Sorten kennt. Frisch genossen wirken die Früchte fast honigsüß und erinnern in warmen Jahren sogar leicht an Trockenpflaumen. Diese Dichte und Aromatik entsteht durch den späten Reifezeitpunkt und die langsame Ausreifung am Baum.
Reife und Ertrag
Die Erntezeit liegt Ende August bis Mitte September, also nach der ‘Hauszwetschge’. In milden Regionen kann die Reife auch etwas früher einsetzen. Die Früchte hängen fest und gleichmäßig am Holz, was ein gestaffeltes Pflücken ermöglicht. Der Ertrag ist hoch, aber nicht übermäßig – die Sorte gleicht Masse stets mit Qualität aus.
Da die Früchte bei Vollreife nicht sofort abfallen, eignet sich die Sorte auch für Selbstpflücker oder Wochenendgärten. Bei guter Pflege kann ein einzelner Baum 30 kg und mehr tragen, ohne dass die Fruchtgröße leidet.
Standort und Ansprüche
Die Kandeler Zuckerzwetschge bevorzugt warme, sonnige Lagen mit tiefgründigen, humosen Lehmböden. Auf kühlen, feuchten Böden reift sie langsamer und entwickelt weniger Zucker. In trockenen Regionen ist eine moderate Bewässerung zur Fruchtentwicklung hilfreich, Staunässe sollte unbedingt vermieden werden. Der Baum zeigt sich frosthart und anpassungsfähig, besonders in Süd- und Mitteldeutschland.
Pflege und Schnitt
Junge Bäume benötigen eine konsequente Erziehung, da die Sorte zu kräftigem Wuchs neigt. Ziel ist eine stabile, lichtdurchlässige Krone mit drei bis vier Leitästen. Im Ertragsalter genügt ein leichter Schnitt nach der Ernte, um die Krone offen zu halten. Starkes Zurückschneiden sollte vermieden werden, da dies zu übermäßigem Triebwachstum führt.
Die Düngung kann sparsam erfolgen, ideal sind organische Materialien wie Kompost oder Hornspäne. Eine Überdüngung mit Stickstoff mindert den Zuckergehalt der Früchte. Dank ihrer Robustheit ist die Sorte für naturnahe und ökologische Anbauformen hervorragend geeignet.
Gesundheit und Widerstandsfähigkeit
Die Sorte zeigt eine gute Robustheit gegen Scharka-Virus – sie gilt als nur schwach anfällig. Auch Monilia tritt nur vereinzelt auf. Wichtiger ist ein luftiger Standort, um Blattnässe und Pilzbefall vorzubeugen. Frostempfindlichkeit ist kein Thema: Sowohl Holz als auch Blüte zeigen sich winterhart bis Zone Z5.
Ihre Langlebigkeit ist legendär – viele alte Bäume dieser Sorte tragen auch nach 50 Jahren noch regelmäßig.
Verwendung und Lagerung
Die Kandeler Zuckerzwetschge ist eine klassische Allzweckfrucht: Sie eignet sich hervorragend für Zwetschgenkuchen, Mus, Konfitüren, Kompotte und Brennzwecke. Ihr hoher Zucker- und Trockenmassegehalt macht sie ideal zum Trocknen – die Früchte behalten Farbe und Aroma. Auch für Liköre und Edelbrände ist sie eine der besten Sorten.
Frisch geerntet lassen sich die Früchte bis zu einer Woche kühl lagern. Durch ihren festen Aufbau halten sie Transport und Lagerung gut stand.
Besonderheiten
Die Kandeler Zuckerzwetschge ist eine Sorte mit Charakter – altbewährt, süß, aromatisch und widerstandsfähig. Sie verkörpert die traditionelle Obstkultur Südwestdeutschlands und liefert Früchte, die geschmacklich kaum zu übertreffen sind. Für Hausgärten, Streuobstwiesen und traditionelle Anlagen ist sie eine ideale Wahl: langlebig, schön und zuverlässig.
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